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    Die neuen Regelungen laut Glücksspielstaatsvertrag 2023

    Ralf-Zimmer
    Ralf Zimmer

    Updated Jul 14, 2021 | Published Jul 05, 2021

    Lange haben die Bundesländer miteinander gerungen und es gab etliche Rückschläge. Doch am Ende hat es doch geklappt und alle 16 Bundesländer konnten sich auf eine einheitliche Regelung verständigen. Vorher waren Online Casinos rein theoretisch in Deutschland illegal, wenn da nicht Schleswig-Holstein gewesen wäre. Die hatten nämlich mehrere Lizenzen an Online Casinos vergeben, welche dadurch in diesem Bundesland legal waren. Somit widersprach in den letzten Jahre kurioserweise das Landesgesetz aus Schleswig-Holstein dem Bundesgesetz.

    In gewisser Weise gibt es diesen Widerspruch auf höherer Ebene immer noch. Denn internationale Online Casinos berufen sich auf die Dienstleistungsfreiheit in der Europäischen Union. Der deutsche Glücksspielstaatsvertrag widerspricht dem aber und lässt EU-Lizenzen in Deutschland offiziell nicht gelten. Allerdings gab es jetzt eine Phase, wo der Bund im Angesicht der bevorstehenden neuen Gesetzgebung nicht mehr gegen diese Betreiber vorging. Das wird sich jetzt schlagartig ändern.

    Das Wichtigste über das neue Gesetz

    Ab 1. Juli 2023 ist der neue Glücksspielstaatsvertrag in Kraft. Jetzt gibt es ein klares, einheitliches Gesetz mit strengen Regeln, die durch eine gemeinsame Glücksspielbehörde der Bundesländer mit Sitz in Sachsen-Anhalt überwacht werden. Die wichtigsten Bestimmungen aus dem mehr als 200-seitigen Gesetzestext werden wir Ihnen nachstehend näherbringen.

    • Was soll der neue Glücksspielstaatsvertrag bringen?
    • Die Änderungen bei der Werbung
    • Regelungen in Bezug auf das Spielkonto
    • Ein- und Auszahlungen des Spielers
    • Die neuen Limits im Online Glücksspiel
    • Zusätzlicher Schutz der Spieler
    • Das neue Spielersperrsystem
    • Was hat sich noch im Glücksspielstaatsvertrag geändert?
    • Wie sieht es mit den Sportwetten und Lotto aus?
    • Die neuen Bestimmungen für Online Poker
    • Verdient der Staat viel Geld mit dem neuen Gesetz?

    Was soll der neue Glücksspielstaatsvertrag bringen?

    Wer sich nach dem Sinn der neuen Gesetzgebung fragt, der findet eine umfassende Antwort bereits im § 1 des Glücksspielstaatsvertrages. Denn dort werden die 5 wichtigsten Ziele übersichtlich dargelegt. Es handelt sich durchwegs um nachvollziehbare Anliegen eines modernen Rechtsstaates, der um das Wohl seiner Bürger besorgt ist. Hier die fünf Punkte in Kurzfassung:

    1. Glücksspielsucht und Wettsucht verhindern und vorbeugen.
    2. Ein begrenztes legales Angebot als Alternative zu illegalen Casinoseiten und Wettanbietern schaffen.
    3. Jugend- und Spielerschutz sicherstellen.
    4. Kontrollmechanismen schaffen, dass Glücksspiele faire, rein zufällige Spielergebnisse liefern und ohne Betrug durchgeführt werden.
    5. Den Einfluss von Sportwetten auf den sportlichen Wettbewerb verhindern.

    Die Änderungen bei der Werbung

    Die neuen lizenzierten Spielotheken dürfen jetzt offiziell für Ihre Glücksspiele werben. Allerdings wurden hier ein paar Einschränkungen im § 5 beschlossen. So darf nicht per Telefon für Glücksspiel geworben werden. Außerdem sind alle Werbungen im Internet und Rundfunk sowohl für Online-Glücksspiele als auch für Online-Poker oder Automatenspiele von 6 bis 21 Uhr verboten. Bei Sportereignissen darf nicht für Sportwetten für diese Veranstaltung geworben werden. Auf Trikots und Banden darf schon allgemein für Wettanbieter geworben werden. Jegliche Werbung an gesperrte oder gar minderjährige Spieler ist strengstens verboten.

    Regelungen in Bezug auf das Spielkonto

    Im § 6a wurden alle Regeln in Bezug auf das Spielkonto zusammengefasst. Hier sind einige Änderungen zu finden. Ein Spieler muss ein Spielkonto haben, was Pay’n Play ab sofort unmöglich macht. Der Umfang, welche persönlichen Daten bekannt gegeben werden müssen, und die Verifikation bleiben weitgehend unverändert. Vor der erfolgreichen Verifizierung der Spielerdaten gilt ein Einzahlungslimit von 100 €. Es darf bis zur Verifizierung keinerlei Auszahlung erfolgen. Der Spieler muss das Spielkonto jederzeit schließen können.

    Ein- und Auszahlungen des Spielers

    Eine Einzahlung muss sofort auf dem Spielkonto gutgeschrieben werden. Ebenso muss eine Auszahlung nach dem Antrag des Spielers sofort durchgeführt werden. Auch Gewinne müssen sofort gutgeschrieben werden. Die üblichen Tricks mit langen Bearbeitungszeiten von Auszahlungsanträgen oder bei größeren Gewinnen sind ab sofort gesetzlich verboten. Alle Auszahlungen haben vollautomatisch sofort zu erfolgen. Übertragungen zwischen Spielkonten sind verboten. Beim Schließen eines Spielkontos muss des Restguthabens binnen 5 Tagen überwiesen werden. Dafür dürfen keinerlei Gebühren verrechnet werden, weder für die Schließung noch für die letzte Auszahlung.

    Die neuen Limits im Online Glücksspiel

    In § 6c werden alle Bestimmungen für die Limits dargelegt. Jeder Spieler muss aufgefordert werden, ein Einzahlungslimit einzugeben, dass höchstens 1.000 € pro Monat sein darf. Außerdem muss es die Möglichkeit zum freiwilligen Einstellen von täglichen, wöchentlichen und monatlichen Limits zumindest für Einsatz und Verlust geben. Die Erhöhung eines Limits darf immer erst nach eine Schutzfrist von 7 Tagen erfolgen.

    Die neue deutsche Glücksspielbehörde wird eine anbieterübergreifende, zentrale Datei zur Limitüberwachung führen, denn das Limit von 1.000 € monatlich gilt pro Spieler pro Monat über alle Anbieter in Summe. Nach einem Monat werden die alten Limits jeweils aus der Datei gelöscht. Die Lotterien sind von der Limitierung komplett ausgenommen. Auch ein sogenannter Panik-Button wird Pflicht. Darüber kann sich der Spieler freiwillig mit einem Klick für 24 Stunden sperren.

    Zusätzlicher Schutz der Spieler

    Im § 6e folgen weitere umfangreiche Schutzmaßnahmen für die Spieler. Zum Schutz für Minderjährige müssen jetzt zusätzlich zur Identifizierung auch eigene Verfahren für die Authentifizierung durchgeführt werden. Dazu zählen etwa die Video-Authentifizierung wie wir Sie bereits von den Banken kennen.

    Die Zufallszahlengeneratoren müssen nicht nur vor der Erlaubniserteilung, sondern anschließend jedes Jahr von unabhängigen Prüfstellen wie eCOGRA geprüft werden. Für Deutschland muss es immer eine de-Domain geben. Dort müssen alle Informationen für die Spieler übersichtlich abrufbar sein. Außerdem sind die Spieler immer auf die Risiken des Glücksspiels hinzuweisen und unabhängige Beratungsinstitutionen vorzuschlagen.

    Im § 6h kommt dann noch eine relevante Verschärfung für deutsche Spieler dazu. Denn Spieler dürfen ab sofort immer nur bei einem Anbieter spielen. Auch dafür gibt es eine zentrale Datei bei der neuen Glücksspielbehörde. Außerdem darf man ab sofort laut § 6j keine kostenlosen Spielautomaten mehr ohne Anmeldung also ohne Spielkonto ermöglichen.

    Das neue Spielersperrsystem

    Ab sofort gibt es eine zentrale Sperrdatei. Dort sind alle Sperren von Spielern gespeichert und müssen vom Glücksspielanbieter immer bei einer Anmeldung kontrolliert werden. Lotterien und bestimmte Pferdewetten sind davon ausgenommen. Für Sofortgewinnlotterien im Internet zählen die Sperre aber schon. Außer bei einer freiwilligen Selbstsperre für einen frei wählbaren Zeitraum von mindestens 3 Monaten beträgt jede Sperre mindestens ein Jahr. Eine Beendigung einer Sperre kann immer nur durch schriftlichen Antrag des betroffenen Spielers erfolgen.

    Was hat sich noch im Glücksspielstaatsvertrag geändert?

    Die größte Änderung bei den Spielen selbst ist wohl die Einschränkung der Tischspiele. Ausdrücklich werden in § 22a (2) sämtliche Tischspiele wie Roulette, Blackjack und Baccarat verboten. Nur mehr Poker zwischen Spielern ist im Internet erlaubt.

    In den Spielautomaten muss es natürlich eine übersichtliche Auszahlungstabelle geben. Aber auch die Auszahlungsquote muss jetzt in jedem Online Slot angegeben werden. Autoplay ist ab sofort verboten. Einsätze dürfen für deutsche Spieler nur in Euro und Cent erfolgen.

    Ein Spin muss mindestens 5 Sekunden lang laufen. Pro Spiel darf man höchsten 1 Euro setzen. Ab sofort gibt es in Deutschland also keine Video-Slots mit 20 € Einsatz pro Spin mehr. Jackpots sind in Spielautomaten komplett verboten. Das gleichzeitige Spielen auf mehreren Slots ist auch verboten.

    Wie sieht es mit den Sportwetten und Lotto aus?

    Ab sofort unterliegen auch Sportwetten der Verpflichtung eine Lizenz zu haben. Aktive Sportprofis dürfen nicht mehr für Sportwettenanbieter werben. Die Werbung vor Ort ist streng eingeschränkt. Wie schon erwähnt, dürfen Sportwetten nicht direkt für eine gerade laufende Veranstaltung beworben werden. Außerdem kommt noch die erwähnte zeitliche Einschränkung von 6 bis 21 Uhr dazu. Für die staatliche Lotterie gibt es erwartungsgemäß keine Verschärfungen.

    Die neuen Bestimmungen für Online Poker

    Für den Betrieb von Online Poker Spielen gibt es jetzt eine eigene Erlaubnis. In der Erlaubnis werden von der Glücksspielbehörde die Höchstgrenzen für die Mindesteinsätze pro Hand, Tischlimits und Pokerturniere geregelt. Die wichtigste Regel ist, dass nur natürliche Personen, also echte Spieler, gegeneinander spielen dürfen. Jede Form von Automatisierung oder Video Poker Automaten sowie andere Poker Spiele, wo der Zufallszahlengenerator ein zufälliges Spielergebnis ermittelt sind nicht mehr erlaubt.

    Verdient der Staat viel Geld mit dem neuen Gesetz?

    Prinzipiell werden im Online Glücksspielmarkt Milliarden in Europa verdient. In der Zeit der Lockdowns wegen der Coronavirus-Krise haben die Umsätze noch einmal dramatisch zugenommen. Jetzt wird allerdings spannend, ob deutsche Spieler diese neuen Spielotheken mit all ihren Einschränkungen überhaupt in Anspruch nehmen werden.

    Wir nehmen an, dass sich viele Spieler zwar mit den Limits arrangieren können. Aber das Fehlen von Tischspielen und damit der komplette Ausfall von Live Casino Spielen wird viele Spieler unserer Meinung nach abschrecken. Außerdem wird es Spielautomaten, wo ein Spin mindestens 5 Sekunden dauert, nur schwer gelingen eine gewisse Spannung aufzubauen.

    Das reduziert das Spielvergnügen natürlich enorm. Dann fehlen auch noch die millionenschweren Jackpots wie Mega Moolah von Microgaming oder Mega Fortune von NetEnt. Da bleibt fast nichts übrig, was Spieler begeistern könnte. Dann bleiben im schlimmsten Fall nur ein paar systemtreue Bürger übrig. Dann werden sich die Betreiber wohl die Kosten nicht mehr leisten können.

    Es bleibt spannend am deutschen Glücksspielmarkt

    Der Staat plant zwar IP-Sperren von unerlaubten Online Casinos wie in der Schweiz. Doch diese kann jeder Spieler mit einem VPN Programm oder App relativ leicht umgehen. Es bleibt also auch nach Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrages spannend, ob Deutschland viel Geld aus den 5,3 % Steuern verdienen kann. Außerdem würde ein Fernbleiben der Spieler dazu führen, dass der verbesserte Spielerschutz erst recht nicht greift. Doch was die Zukunft bringt, kann keiner so genau vorhersagen. Wir werden es erleben müssen.

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